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Nervenschmerzen kommen häufiger vor, als man denkt. Allein in Deutschland sind schätzungsweise bis zu 8 Millionen Menschen betroffen. Doch was sind Nervenschmerzen eigentlich genau? Welche Ursachen gibt es? Und welche Behandlungsoptionen stehen zur Verfügung?
… zeigen sich oft in Form von einschießenden, stechenden oder brennenden Schmerzen, Kribbeln (Ameisenlaufen) und Taubheitsgefühlen.
... entstehen als direkte Folge einer Schädigung oder Erkrankung bestimmter Nervenfasern
… sind oft schwer zu behandeln, weil klassische Schmerzmittel meist nicht helfen.
… zählen zu den häufigsten Ursachen für chronische Schmerzen.
Was sind Nervenschmerzen?
Nervenschmerzen werden in der medizinischen Fachsprache auch als neuropathische Schmerzen bezeichnet. Diese spezielle Schmerzform entsteht als direkte Folge einer Schädigung oder Erkrankung von Gefühlsfasern (sog. somatosensorische Nervenstrukturen), die für die Körperwahrnehmung zuständig sind.
Damit unterscheiden sich Nervenschmerzen (neuropathische Schmerzen) von allen anderen Schmerzen (nozizeptiven Schmerzen) wie etwa Kopf-, Zahn- oder Bauchschmerzen – denn: Bei Nervenschmerzen sind im Gegensatz zu herkömmlichen Schmerzen die Nerven selbst die Ursache für die Beschwerden.
Nozizeptive Schmerzen: „Normale“ Schmerzen werden durch Reize (z. B. Verletzung, Entzündung, Gifte) ausgelöst. Die Nervenstrukturen sind intakt und fungieren lediglich als Übermittler der Schmerzen.
Neuropathische Schmerzen: Es liegt eine Schädigung oder Erkrankung von Nervenstrukturen vor. Die Nerven selbst sind also die Ursache für die Beschwerden.
Beide Schmerzformen können auch gleichzeitig auftreten. Manchmal ist eine eindeutige Zuordnung nicht möglich. Dann sprechen Ärzte auch von einem gemischten Schmerzsyndrom (mixed pain).
Gut zu wissen:
Grundsätzlich unterscheidet man zentrale und periphere Nervenschmerzen. Im ersten Fall sind die Nerven des zentralen Nervensystems (ZNS, Gehirn und Rückenmark) betroffen. Periphere Nervenschmerzen gehen von den Nerven aus, die außerhalb des ZNS liegen.
Gesteigerte oder reduzierte Schmerzempfindlichkeit
Gesteigerte oder reduzierte Empfindlichkeit gegenüber Kälte und/oder Wärme
Betroffene leiden oftmals unter chronischen Nervenschmerzen – die Symptome bestehen also über längere Zeit oder treten immer wieder auf. Sie können den Schlaf erheblich beeinträchtigen und im Alltag sehr belastend sein. Kein Wunder, dass viele Patienten ihre Schmerzen als zermürbend, kräfteraubend und ermüdend beschreiben.
Diagnose von Nervenschmerzen
Der erste Ansprechpartner bei Nervenschmerzen ist der Hausarzt. Er kann ggf. eine Überweisung zum Neurologen veranlassen.
Im Rahmen eines ausführlichen Gesprächs (Anamnese) wird der Arzt zunächst die Dauer, Stärke, Lokalisation und Qualität der Schmerzen (z. B. brennend/stechend, einschießend) erfragen und klären, ob weitere Beschwerden wie Kribbeln, Taubheitsgefühle oder eine erhöhte bzw. reduzierte Temperatur-, oder Schmerzempfindlichkeit bestehen.
Im Anschluss erfolgt in der Regel eine körperliche Untersuchung. Meist werden neurologische Tests durchgeführt, mit deren Hilfe sich die individuellen Wahrnehmungsschwellen für Kälte, Wärme, Berührung und Druck bestimmten lassen.
Neben Laborwerten (z. B. Blutzuckerwerte, Vitamin B) können im Einzelfall auch speziellere Untersuchungen wie Nervensonografie, Hautbiopsie oder MRT infrage kommen, um die Ursache der Nervenschmerzen zu ermitteln.
Nervenschmerzen: Therapie
Bei Nervenschmerzen ist grundsätzlich eine ärztliche Behandlung angeraten.
Wichtig ist, dass die Ursache für die Nervenschädigung festgestellt wird, die den Nervenschmerzen zugrunde liegt. Denn nur dann kann eine ursächliche Behandlung eingeleitet werden. Bei akuten Beschwerden ist zusätzlich meist eine zuverlässige Schmerztherapie notwendig.
Gut zu wissen:
Eine Kombination verschiedener Behandlungen ist oft sinnvoll, da sich so oft synergistische Effekte erzielen lassen und die Dosierung von Medikamenten reduziert werden kann.
Behandlung der Ursache
Die Möglichkeiten, den Auslöser der Nervenschmerzen zu behandeln, sollten ausgeschöpft werden. Das bedeutet z. B.:
Bei diabetischer Neuropathie: Optimale Einstellung des Blutzuckers.
Bei Engpasssyndromen (z. B. Karpaltunnelsyndrom): ggf. Operation zur Entlastung des Nervs (Neurolyse).
Bei Infektionen: ggf. ärztlich verordnete Antibiotika oder Virostatika.
Medikamente zur Schmerztherapie
Klassische Schmerzmittel wie Acetylsalicylsäure, Ibuprofen oder Diclofenac helfen bei Nervenschmerzen oft gar nicht oder nicht in ausreichendem Maße. Ihr Arzt kann stärker wirksame Medikamente zum Einnehmen verordnen, die schmerzlindernd wirken – dies sind in erster Linie:
Antiepileptika (Antikonvulsiva)
Antidepressiva
Opiate sind ebenfalls wirksam. Allerdings sind insbesondere bei dieser Wirkstoffgruppe die Nebenwirkungen und das Abhängigkeitspotenzial abzuwägen.
Bei diabetischer Neuropathie kann außerdem ein weiteres Medikament infrage kommen, ein sog. selektiver Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer.
Neben der Einnahme von Medikamenten kann bei Nervenschmerzen, die in einem begrenzten Körperbereich auftreten, auch eine lokale Schmerztherapie mit wirkstoffhaltigen Pflastern sinnvoll sein:
Lidocain-Pflaster
Capsaicin-Pflaster
Weitere Behandlungsoptionen
In Abhängigkeit von der zugrundliegenden Ursache der Nervenschmerzen können verschiedene weitere Ansätze infrage kommen, um die Behandlung zu unterstützen:
Physiotherapie: z. B. spezielle Übungen zur Kräftigung der Muskulatur, Kälte- oder Wärmebehandlung.
Entspannungstechniken: Erlernen bestimmter Techniken, die helfen, den Fokus vom Schmerz wegzulenken.
Schmerzpsychotherapie: z. B., um ungünstige Denkmuster und Verhaltensweisen zu erkennen und aufzulösen.
Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS): Eine Reizstrombehandlung kann offenbar in Einzelfällen günstige Effekte zeigen.
Nährstoffe & Co.: Bestimmte “Nervennährstoffe” (z. B. Vitamin B12) und Bausteine wie Uridinmonophosphat (abgekürzt UMP) können die Regenerationsprozesse peripherer Nerven unterstützen.
FAQ: Nervenschmerzen
Woher kommen Nervenschmerzen?
Nervenschmerzen, auch neuropathische Schmerzen genannt, entstehen als direkte Folge einer Schädigung oder Erkrankung von Gefühlsfasern des Nervensystems. Sie können auf verschiedenste Ursachen zurückgehen, wie etwa Verletzungen oder Quetschungen des Nervengewebes, Vitaminmangel, Infektionen, Krankheiten (z. B. Diabetes mellitus, Gürtelrose, Alkoholismus) oder eine Chemotherapie.
Wie äußern sich Nervenschmerzen?
Einschießende starke Schmerzattacken sowie oberflächliche, brennende Schmerzen zählen zu den typischen Anzeichen. Des Weiteren sind Kribbeln (Ameisenlaufen), Taubheitsgefühle und eine reduzierte oder erhöhte Schmerz- und Temperaturempfindlichkeit mögliche Anzeichen von Nervenschädigungen und können mit Nervenschmerzen einhergehen.
Wie lange hat man Nervenschmerzen?
Nervenschmerzen gehören zu den häufigsten Ursachen von chronischen Schmerzen. Sie treten oftmals über einen längeren Zeitraum immer wieder auf. Daher ist es wichtig, den Beschwerden auf den Grund zu gehen und mit dem Arzt zu besprechen, welche Behandlungsoptionen zur Verfügung stehen. Eine frühzeitige und effektive Schmerztherapie kann einer Chronifizierung der Beschwerden entgegenwirken.
Was hilft am besten bei Nervenschmerzen?
Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen der Behandlung der Ursache der Nervenschmerzen und der Schmerzbehandlung.
In Abhängigkeit vom Auslöser der Beschwerden, kann es für die ursächliche Behandlung wichtig sein, einen bestehenden Vitamin-B-Mangel auszugleichen, bei einer Diabetes-Erkrankung den Blutzucker gut einzustellen oder einen gequetschten Nerv mithilfe einer Operation zu entlasten.
Eine Behandlung mit klassischen Schmerzmitteln wie Ibuprofen, Diclofenac oder Acetylsalicylsäure bringt häufig nicht den gewünschten Erfolg. Daher verordnet der Arzt zur Linderung der Schmerzen in der Regel spezielle Medikamente – in erster Linie sogenannte Antiepileptika (Antikonvulsiva) oder Antidepressiva.
Wenn die Schmerzen gut lokalisierbar sind, können zur lokalen Behandlung auch wirkstoffhaltige Pflaster (z. B. mit Lidocain, Capsaicin) infrage kommen.
Darüber hinaus können weitere Ansätze (z. B. Krankengymnastik, Psychotherapie, spezielle Nährstoffe) sinnvoll sein.
Ursachen für Nervenschmerzen
Grundsätzlich können zum Beispiel folgende Einflüsse die Nerven schädigen und Nervenschmerzen hervorrufen:
Quetschung oder Reizung von Nervengewebe
Grunderkrankungen wie z. B. Diabetes mellitus, Gürtelrose, Multiple Sklerose, Gicht
Neuropathie (griechisch neuron = Nerv) bedeutet so viel wie Nervenkrankheit und ist ein Oberbegriff für verschiedene Erkrankungen des Nervensystems. Bei einer sogenannten Polyneuropathie sind mehrere periphere Nerven im Körper betroffen.
Autoren, medizinische Fachinformationen und Quellen
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Stand: zuletzt aktualisiert am 02.09.25
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Autoren:
Tatiana Schmid, Chefredaktion Gesundheit und Ernährung
Tatiana Schmid ist Diplom-Oecotrophologin und eine profilierte Fachjournalistin für Gesundheit, Medizin und Ernährung mit über einem Jahrzehnt redaktioneller Erfahrung.
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Jennifer Hamatschek, Chefredaktion Medizin und Pharmazie
Jennifer Hamatschek hat Germanistik und Pharmazie an der LMU München studiert. Sie ist eine renommierte Fachjournalistin für Medizin und Gesundheit, die seit über 15 Jahren komplexe medizinische Inhalte zielgruppengerecht und evidenzbaisert aufbereitet.
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finden sich beispielsweise in Arztbriefen, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und Abrechnungen mit Krankenkassen.
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